Mit der Gründung des NRW Juniorballett hat Xin Peng Wang 2014 einmal mehr die Bedeutung der Ruhr-Metropole als wichtigen Knotenpunkt im internationalen Tanznetzwerk betont. Zwei Jahre lang bekommen hochbegabte junge Tänzerinnen und Tänzer aus der ganzen Welt die Möglichkeit, auf höchstem Niveau Erfahrungen für ihre zukünftige Karriere zu sammeln. Kreativ eingebunden in die Produktionen des Ballett Dortmund, lernen sie nicht nur die professionelle Arbeit am Theater kennen, sondern können bereits frühzeitig ihr Können unter Beweis stellen.
Bei Stepping Future sind vier Choreographien zu erleben:
IN-BETWEEN von Craig Davidson
Basierend auf den Streichquartetten g-Moll und Nr. 14 (DER TOD UND DAS MÄDCHEN) von Franz Schubert choreographiert der Australier Craig Davidson einen Totentanz, in dem sieben Tänzer eine Bestandsaufnahme der eigenen Existenz machen. Davidson orientiert sich dabei an der Biographie Schuberts, der zur Zeit der Streichquartette eine seiner düstersten Perioden durchlebte. Von Krankheit, Existenzängsten und künstlerischer Erfolglosigkeit gleichermaßen geplagt, machte er seine Kunst zum Spiegel seiner innersten Befindlichkeit. Sieben Tänzer suchen zwischen Erinnerung und Besinnung nach dem Moment, in dem sie endlich sie selbst werden können.
THE SOFA von Itzik Galili
Der Israeli Itzik Galili ist ein augenzwinkernder Skeptiker. Als „a heavy-handed comic piece“ wurde Galilis THE SOFA oft bezeichnet. Eine simple Story über einen Mann, eine Frau und einen Homosexuellen, die versuchen, auf einem Sofa in intimen Kontakt miteinander zu kommen. Scheinbar geht es nur um Sex. Aber hinter Aberwitz und Slapstick ist THE SOFA eine Bestandsaufnahme menschlicher Sehnsucht. Körper werden Behelfsmittel der Seele. Und dies alles ohne die latente Tragik, mit der für gewöhnlich eine „Amour fou“ aufbereitet wird. Das kommt davon, wenn man auf einem Sofa sitzt. Zu dritt.
SAKURA von Can Arslan
Im Tanz ist Can Arslan von jeher beheimatet. Sein Vater war Solotänzer in München. Mit 16 Jahren studierte er an der Münchener Ballettakademie, sein erstes Engagement führte ihn an die Deutsche Oper Berlin, wo er sich im Rahmen des Programms Junge Choreographen erstmals schöpferisch ausprobieren konnte. Es entstanden in der Folgezeit seine erfolgreichen Produktionen Carmen und Carmina burana. Seine Choreographie Sakura wurde 2010 in Dortmund uraufgeführt.
Der Song der kanadischen Sängerin und Jazzpianistin Diana Krall inspirierte Arslan zu seinem minimalistischen Tanzpoem. Ein Haiku möchte man die Kreation beinahe nennen, die auf kleinstem Raum ihre poetische Sprengkraft im Einfachen entfaltet, der ganz simplen Story einer Begegnung. Von Menschen. Von Kirschblüten. Es macht keinen Unterschied…
VERSUS STANDARD von Jacopo Godani
Der Italiener Jocopo Godani ist seit 2015 Künstlerischer Direktor und Choreograph der Dresden Frankfurt Dance Company. Auch für ihn ist Tanz weit mehr als flüchtige Bewegungskunst. Godanis Ziel ist es, eine neue choreographische Sprache zu entwickeln, die Virtuosität und physische Herausforderung verlangt. VERSUS STANDARD ist auf den ersten Blick purer Tanz. Erst allmählich offenbart sich eine Studie über Gruppendynamik, Teamgeist und Formationsstrategien, wie sie im Sport, aber auch im Management zu finden ist. Die Bühne wird zum Spielraum, zum Trainingscenter und im nächsten Moment zum Versuchslabor, Tanz, eben noch kraftvoll virtuos, enttarnt sich als mechanisches Zusammenspiel von Kräften, um seine raue Eleganz zu offenbaren. „In den letzten zwanzig Jahren“, bekennt Godani, „haben wir viel Tanz-Ersatz gehabt, das hieß zwar noch Tanz, war aber nicht wirklich Tanz. Es gab keinen Raum mehr für Tanz, mit dem man Energie ausstrahlt, bei dem man brennt, bei dem die Muskeln arbeiten. Ich kann nicht glauben, dass solche Dinge nicht mehr zum Tanz gehören.“